Private Seenotrettung – Tag der Menschenrechte [Gastbeitrag]
Dass Menschen auf der Flucht nicht ertrinken dürfen, ist eine Selbstverständlichkeit für die meisten von uns. Dass ihre Flucht, ungeachtet
Das Asylrecht im weitesten Sinne dient dem Zweck, den Menschen ein Bleiberecht zu verschaffen, die aus erzwungenen Gründen ihren Herkunftsort verlassen müssen, weil ihnen dort eine Gefahr droht und/oder ein menschenwürdiges Leben nicht möglich ist. Das Grundrecht auf Asyl ist eine der wichtigsten Errungenschaften und Lehren aus dem Nationalsozialismus. Seit Jahrzehnten wird dieses Grundrecht nach und nach ausgehebelt. Die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl erfolgte im Jahr 1993, bei welcher die Drittstaatenregelung eingeführt wurde. Wer seitdem über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland einreiste, dem wurde das Grundrecht auf Asyl nicht mehr gewährt. Deutschland profitierte dabei Jahrzehnte von seiner geografischen Lage, da eine Einreise nach Deutschland nahezu immer über einen Drittstaat erfolgen muss. Die Länder des südlichen Europas wurden dabei in Fragen der Asylpolitik lange Zeit allein gelassen. Auch nach dem offensichtlichen Scheitern der Drittstaatenregelung gibt es keine europäische Einigung oder eine gemeinsame europäische Strategie in Bezug auf Geflüchtete. Grund dafür ist unter anderem auch, dass einzelne Mitgliedstaaten sich ihrer Verantwortung für Geflüchtete verweigern und Lösungen auf europäischer Ebene blockieren. Die Abschottungspolitik der EU führt zu humanitären Krisen am Rande Europas. Gleichzeitig exportieren europäische Länder wie Deutschland und Frankreich nach wie vor Waffen und militärische Ausrüstung in Krisenregionen und Länder, die von Kriegen in ihren Nachbarschaften profitieren. Die EU-Außengrenze wird immer weiter in den Süden verlagert, autoritäre und repressive Regimes sowie Diktatoren werden von der EU bezahlt, damit sie ihre Bevölkerung von der Flucht nach Europa abhalten, notfalls mit Gewalt. Nachdem Tausende von Menschen im Mittelmeer ihr Leben verloren haben, wird nun die Sahara zum nächsten Massengrab, da Geflüchtete gezwungen sind immer gefährlichere Routen nach Europa zu nehmen. Vor den Toren Europas entstehen neue Sklavenmärkte wie in Libyen. Speziell Schengen mit seinem lebensgefährlichen Grenzregime und den immensen Datenbanken sowie Frontex, die polizeiliche Eingreiftruppe, die im Mittelmeer gegen Einwanderer_innen aktiv ist, sind nur zwei Begriffe, die die abgeschottete „Festung Europa“ veranschaulichen. Migration wird einerseits durch tödliche Grenzanlagen behindert, andererseits durch Ausnahmeregelungen gefördert. Beides geschieht aus jeweils kapitalistischem Interesse, um wahlweise „Schmarotzer“ fernzuhalten oder den Zuzug jener Menschen zu ermöglichen, die zu einem Wachstum der Wirtschaftskraft beitragen sollen. Die Ursachen von Flucht, vor allem aus den Ländern des globalen Südens, sind meist in wirtschaftlicher Not und repressiven Regimes zu finden. Beides ist nicht zuletzt dadurch beeinflusst, dass der Politik der Länder des globalen Nordens eine rigorose Ausbeutung in Kolonialzeiten vorausging, die sich jetzt in einer neoliberalen Weltwirtschaftspolitik fortsetzt. Durch auf einseitigen Profit ausgelegte Freihandelsabkommen werden die Märkte in z.B. vielen afrikanischen Staaten mit subventionierten und billigen Produkten aus Europa überschwemmt, so dass lokale Produzent_innen keine Chance haben. Gleichzeitig wird in Zukunft die Zahl der sogenannten Klimaflüchtlinge, also Menschen die vor den dramatischen Auswirkungen des Klimawandels und der damit einhergehenden globalen Umweltkatastrophe fliehen, noch weiter zunehmen.
Die gesellschaftliche Realität zeigt, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Und das nicht erst seit gestern. Seit Jahrzehnten kommen Menschen nach Deutschland: als Gastarbeiter_innen, die das deutsche „Wirtschaftswunder“ ermöglichten, als Fachkräfte, internationale Studierende, Spätaussiedler_innen, Geflüchtete oder einfach Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben. Wir orientieren uns am Leitbild einer demokratischen, humanen und sozialen Einwanderungsgesellschaft. Wir wollen ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht, bei dem alle hier Geborenen Staatsbürger_innen sind. Weiterhin wollen wir den Optionszwang, also die Pflicht, sich bei mehreren Staatsbürgerschaften für eine entscheiden zu müssen, abschaffen und mehrfache Staatsbürgerschaften prinzipiell ermöglichen. Menschen, die seit Jahren in Deutschland sozial angebunden sind und hier ihren Lebensmittelpunkt haben, sollen leichter eingebürgert werden können. Wir wollen keine Auslese von Menschen nach ökonomischer Verwertbarkeit. Für uns stehen die Bedürfnisse der Menschen und somit die individuellen Ursachen für Migration im Vordergrund, nicht die ökonomischen Zwänge des deutschen Arbeitsmarktes. Nicht nur besonders gut qualifizierte Menschen sollen die Möglichkeit haben, nach Deutschland einzureisen. Alle Menschen haben ein Recht auf Bewegungsfreiheit, weswegen wir entschlossen gegen Stacheldrahtzäune, Mauern und Grenzen sind. Wir treten ein für legale Flucht- und Einreisewege und für offene Grenzen für alle Menschen.
Jene, die es trotz der hohen Hürden geschafft haben, leben in Deutschland unter mehr als unwürdigen Bedingungen. Die sogenannte Residenzpflicht macht es für Asylbewerber_innen auch in Sachsen unmöglich, sich außerhalb eines definierten Landkreises zu bewegen und nimmt ihnen somit essentielle Grund- und Freiheitsrechte. Für die Zeit von bis zu drei Jahren darf ihnen mit Hilfe einer „Wohnsitzauflage“ vorgeschrieben werden, dass sie ihren Wohnsitz nicht mehr nach Belieben wechseln dürfen. Nach dem jahrelangen Kampf der Betroffenen und Unterstützer_innen für dezentrale Unterbringung in Wohnungen werden Menschen wieder verstärkt in Sammelunterkünften untergebracht. Die Unterbringung in zentralen Asylbewerber_innenheimen verhindert jedoch ein selbstbestimmtes Leben der Geflüchteten und ermöglicht effiziente Kontrollen und den schnellen Vollzug von Abschiebungen. Diesem Zweck dienen auch die sogenannten Ankerzentren, die Asylverfahren im Schnelldurchlauf und schnelle Abschiebungen sicherstellen sollen. Zynischerweise bleibt Asylsuchenden der Zugang zum Arbeitsmarkt oder zu Bildungsangeboten verwehrt, die doch aber einer potentiellen Erwerbstätigkeit zuträglich wären. Zu guter Letzt bleibt ihnen die demokratische Teilhabe an Wahlen, Initiativen oder Vereinen usw. fast gänzlich versagt. Wir fordern, dass Asylverfahren in jedem Einzelfall als faire und seriöse Verfahren ausgestaltet werden und dass den Antragsteller_innen für das Verfahren und für die Anhörung ein_e Dolmetscher_in sowie Rechtsbeistand zur Seite gestellt werden. Wegen der sprachlichen Barrieren muss außerdem sichergestellt werden, dass die Asylsuchenden in einer von ihnen gesprochenen Sprache über ihre Rechte und Möglichkeiten aufgeklärt werden. Die Verteilung der Asylsuchenden soll danach erfolgen, wo sie bereits über soziale Kontakte wie Familie, Freund_innen und Bekannte verfügen. Wir fordern außerdem, dass Asylsuchende das Recht auf eine freie Wohnsitzwahl erhalten und bei der Wohnungssuche unterstützt werden. Wir treten entschieden gegen Schnellverfahren in Ankerzentren und auf Flughäfen ein. Wir fordern die Abschaffung des Konzepts der „sicheren Dritt- und Herkunftsstaaten“ und die sofortige und vollumfängliche Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl.
Seit einigen Jahren breitet sich in Europa der Antiziganismus, der Hass auf Sinti und Roma, zunehmend aus. Schwerpunkte sind dabei keineswegs nur Ungarn und Tschechien, sondern beispielsweise Duisburg und auch Ostsachsen. Immer wieder kommt es dabei zu tätlichen Übergriffen auf Sinti und Roma. Verstärkt findet dabei eine Vernetzung tschechischer und sächsischer Nazis statt, die vor allem im Grenzgebiet gemeinsam regelrecht auf Menschenjagd gehen. Im EU-Mitgliedsstaat Ungarn ist die Situation für Sinti und Roma besonders schlimm, ohne dass die Europäische Union Sanktionsmöglichkeiten gegen Ungarn nutzt. Wir wollen, dass die Europäische Union endlich entsprechend gegen Ungarn vorgeht und Sanktionen verhängt und auch in der Bundesrepublik und anderen Staaten der Schutz für Sinti und Roma erhöht wird.
Offene Grenzen und Bleiberecht für alle
Herstellung menschenrechtlicher Mindeststandards bei der Einwanderung
Wirtschafts- und Handelspolitik, die konsequent auf die Bekämpfung von Armut, Hunger und Unterentwicklung als Hauptursachen für Flucht setzt
Sofortigen Stopp von Waffenlieferungen und Lieferungen mit militärischer Ausrüstung und Technik in Kriegsgebiete sowie in Länder die in Krisenherde verwickelt sind
Keine Abkommen mit Ländern, die Menschenrechte verletzen
Keine Abschiebung von Minderjährigen
Rückbau der Schengen-Grenzwälle und Abschaffung von Frontex
Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl in Artikel 16 des Grundgesetzes sowie Rechtsbeistand für alle Asylsuchenden
Anerkennung geschlechtsspezifischer und nichtstaatlicher Verfolgung, von Kriegsdienstverweigerung und Desertion sowie von Umweltkatastrophen als Asylgrund
Anerkennung der Verletzung grundlegender wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Menschenrechte als Asylgrund
Abschaffung aller Regelungen, die Migrant_innen diskriminieren: Asylbewerberleistungsgesetz, Residenzpflicht, Wohnheimunterbringung, nachrangiger Arbeitsmarktzugang usw.
Gleichrangige demokratische, gesellschaftliche und politische Teilhabemöglichkeiten für Migrant_innen und Asylsuchende
Kostenlosen und qualitativ anspruchsvollen Deutschunterricht für alle Interessierten
Konsequente Ächtung von Rassismus in allen gesellschaftlichen Bereichen
Verkürzung der Wartezeit für Ermessenseinbürgerungen
Erleichterte Anerkennung von Bildungsabschlüssen
Erleichterter Zugang zum Arbeits- und Bildungsmarkt
Dass Menschen auf der Flucht nicht ertrinken dürfen, ist eine Selbstverständlichkeit für die meisten von uns. Dass ihre Flucht, ungeachtet