Europa in der Krise?

Überall in Europa begegnen wir ähnlichen Problemen. EU und „Europa“ erscheinen häufig als ein vages und abstraktes Konstrukt. Die EU erleidet einen Vertrauensschwund und in vielen europäischen Staaten erstarken rechtskonservative und völkische Bewegungen, rechtspopulistische Parteien stellen die Regierungen. Wie kann das sein, dass Europäerinnen und Europäer scheinbar nichts aus der Geschichte lernen? Die rassistische Propaganda in den Dekaden nach dem Ersten Weltkrieg, der Mord an Millionen Menschen in Europa und die Vernichtungslager der Nazis haben nach 1945 dazu beigetragen, dass Menschen in Europa sich im Wunsch nach Frieden, Gerechtigkeit, Menschenrechten und Menschenwürde zusammenschlossen. Nie wieder sollte Europa ein Hort der Barbarei sein. Das kann als die Geburtsstunde der europäischen Idee betrachtet werden. Lange nach dem Zweiten Weltkrieg schien es so, als sei Westeuropa eine privilegierte Wohlfühlzone, in der man* sich von Diskriminierung und Ausbeutung distanzierte, in der rassistische Äußerungen sowie rechtsradikale Parteien verachtet wurden und das Asylrecht hohen Stellenwert genoss. In den letzten Jahrzehnten werden jedoch die Menschenrechte systematisch ausgehebelt, die Grenzen werden geschlossen und Politiker_innen nahezu aller Parteien übernehmen rechte und menschenverachtende Parolen. Die „Festung Europa“ wird immer weiter ausgebaut und die Militarisierung Europas schreitet voran. EU und Europa scheinen sich am Thema Migration und Flucht zu zerreiben. Das Bild von Europa als Hüterin der Menschenrechte ist mit den Tausenden von Menschen im Mittelmeer ertränkt worden. Gleichzeitig bringen die verschiedenen ökonomischen und politischen Prinzipien der EU innerhalb Europas gravierende Unterschiede im Wohlstand und Lebensstandard hervor, was am Nord-Süd- bzw. West-Ost-Gefälle zu sehen ist. Die verschiedenen Krisen der EU sind längst nicht mehr nur auf ökonomische Fragen reduzierbar. Europa ist in den letzten Jahrzehnten auf „Euro-Zone“ geschrumpft, das Politische tritt hinter das Ökonomische zurück. Die heutige EU und ihre Institutionen sind intransparent, bürokratisch und genügen keinen demokratischen Ansprüchen: Das Europäische Parlament entbehrt fundamentaler demokratischer Rechte und wird blockiert von nur indirekt legitimierten nationalstaatlichen Vertreter_innen in Form von EU Kommission und EU Rat, die faktisch die Regierung der EU darstellen. Die heutige EU kann keine demokratische Mitbestimmung oder soziale Gerechtigkeit herstellen und garantiert keine politische oder rechtliche Gleichstellung europäischer Bürger_innen. Was also tun, raus aus der EU und zurück zum Nationalstaat? Wir sagen: Nein! Kein einzelner Nationalstaat kann es mit Problemen wie globaler Armut, Übermacht der Konzerne, internationale „Steuervermeidung“ oder der immer größer werdenden Umweltkatastrophe allein aufnehmen. Daher wollen wir ein ökologisches, demokratisches, diskriminierungsfreies, geeintes, soziales und humanes Europa – eine Europäische Republik.

Die EU überwinden – viva la respublika!

Unsere Vision ist nicht die Zerschlagung der EU, sondern ihre grundlegende Reform. Die gegenwärtige EU ist ein undemokratisches, intransparentes und höchst komplexes Konstrukt, was weit entfernt von den Lebensrealitäten vieler Menschen agiert. Langfristig wollen wir Europa wirtschaftlich, territorial und institutionell neugestalten, um gleichwertige Lebensverhältnisse für Alle zu schaffen. Wir wollen eine demokratische Europäische Republik, die echte Mitbestimmung ermöglicht und das Politische wieder in den Vordergrund rückt. Alle europäischen Bürger_innen werden in rechtlicher und politischer Hinsicht gleichgestellt. Denn die Voraussetzung für eine Republik ist die Freiheit und Gleichheit ihrer Bürger_innen. Die Republik Europa kennt keinen Ausschluss wegen Hautfarbe, Religion, Herkunft, Geschlecht und sexueller Orientierung. Sie umfasst alle Menschen, die sich auf ihrem Territorium befinden. Sie lädt die Menschen anderer Länder ein, sich ihr anzuschließen. Sie kennt keine Abgrenzung, keine Mauern und keinen Stacheldraht. Das republikanische Selbstverständnis orientiert sich am Republikanismus der französischen Revolution: Teil der europäischen Republik kann werden, wer sich zu ihren Prinzipien bekennt. Wir wollen ein handlungsfähiges Parlament mit vollumfänglichen parlamentarischen Rechten, was von allen Europäer_innen nach gleichem Wahlrecht und nach transnationalen Listen gewählt wird. Wir wollen eine gemeinsame soziale Sicherung für alle europäischen Bürger_innen, sowie ein vereinheitlichtes europäisches Steuerrecht, damit große Konzerne sich nicht mehr durch „Steuerhopping“ und Lohndumping an der Ausbeutung der Menschen in Europa bereichern können. Wir wollen vereinheitlichte europäische Mindestlöhne, Renten und Arbeitslosenversicherungen, damit Menschen in Europa nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden. Wir wollen die europäischen Regionen stärken und das zunehmende Auseinanderklaffen von Zentrum und Peripherie beenden. Denn es nützt niemandem etwas, wenn einige wenige Regionen immer reicher und attraktiver werden und gleichzeitig ganze Landstriche verarmen und in der Perspektivlosigkeit versinken. Wir wollen keine „Festung Europa“, die das Versprechen der Freiheit und Gleichheit mit den Füßen tritt und im Mittelmeer ertränkt. Wir wollen gleichwertige Lebensverhältnisse und schönes Leben für Alle! Unsere Vision ist kein utopisches Hirngespinst. Viel utopischer wäre es zu hoffen, dass die gegenwärtige EU mit ihren strukturellen Mängeln, Zerfallstendenzen und zunehmenden Nationalismus, Rechtspopulismus und Autoritarismus weiter so bestehen kann. Unsere Vision ist ein Vorschlag und eine erstrebenswerte gesellschaftliche Vorstellung, die wir als Antwort auf die rückwärtsgewandten und menschenverachtenden Entwicklungen in Europa formulieren. Wahlrechtsgleichheit, direkte Beteiligung, Einbindung der Regionen und das Verbot der finanziellen Einflussnahme auf politische Entscheidungen sind weitere Grundpfeiler für die Schaffung einer wirklich europäischen Demokratie.

Sachsen in Europa

Aber was hat das alles mit Sachsen zu tun? Sachsen liegt im Länderdreieck und grenzt damit an Polen und Tschechien. Wo wenn nicht hier in Sachsen, wo seit Jahrhunderten ein reger Austausch und ein Zusammenleben mit den angrenzenden Kulturen und Regionen stattfinden, kann man* Europa live erleben? Wir sind der Meinung, dass Sachsen keine geschlossene Gesellschaft sein darf. Wir wollen Austausch und Begegnung mit unseren europäischen Nachbarn.

Wir fordern

  • Abschaffung von “neuen” und “alten” Grenzen in Europa
  • Abbau der “Festung Europa”, Rückbau der Schengen-Grenzwälle und Abschaffung von Frontex
  • Politische und rechtliche Gleichstellung aller europäischen Bürger_innen
  • Gleiches Wahlrecht in allen europäischen Staaten und transnationale Wahllisten
  • Verbot der finanziellen Einflussnahme auf politische Entscheidungen auf europäischer Ebene
  • Neuverhandlung der europäischen Verträge und Neustrukturierung von europäischen Institutionen
  • Ein handlungsfähiges und vollumfänglich mit demokratischen Rechten ausgestattetes Europäisches Parlament
  • Ein vereinheitlichtes europäisches Steuerrecht
  • Vereinheitlichte Mindestlöhne, Renten und Arbeitslosenversicherungen in Europa
  • Stärkung und (finanzielle) Förderung der Regionen
  • Mehr und direkte Beteiligungsmöglichkeiten für alle europäischen Bürger_innen
  • Förderung von transnationalen und grenzübergreifenden Projekten
  • Transparenz in Bezug auf Fördermöglichkeiten für Projekte und Initiativen sowie Beratungseinrichtungen für Projektförderung
  • Stärkung der Bildungszusammenarbeit mit unseren direkten europäischen Nachbarländern in Form von Austauschprojekten an Schulen und Hochschulen, staatlich subventionierte und für Schüler_innen und Studierende kostenfreie Bildungs- und Austauschreisen, Kooperationsmodule aller Fachrichtungen mit polnischen und tschechischen Hochschuleinrichtungen verbunden mit dem Besuch der Partnerhochschulen
  • Transparenz in Bezug auf den Zugang zu europäischen Stipendienprogrammen
  • Polnisch und Tschechisch als Fremdsprachen an sächsischen Schulen verstärkt anbieten
  • Erleichterte Anerkennung und Gleichstellung von im Ausland erreichten Abschlüssen sowie von im Ausland absolvierte Prüfungsleistungen
  • Stärkung der politischen Bildung und Verankerung von Europa im Unterricht
  • Mehr demokratische Beteiligung und Mitsprache von jungen Menschen, z.B. im europäischen Jugendparlament
  • Kostenfreie Bildungsreisen und Exkursionen in europäische Institutionen
  • Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) nach Polen und Tschechien
  • Staatlich subventionierter und bezahlbarer ÖPNV überall in Europa
  • Mehr Rechte für EU-Ausländer_innen, z.B. einen erleichterten Zugang zum Bildungs- und Arbeitsmarkt
  • Langfristig eine wirtschaftliche, territoriale und institutionelle Neugestaltung Europas hin zur Europäischen Republik der Regionen