Polizei – (k)ein*e Freund*in und Helfer*in?

Dass die Polizei ein hohes Ansehen in großen Teilen der Bevölkerung genießt, sagt mehr über das Obrigkeitsdenken der Bevölkerung, als über das tadellose Verhalten der Polizei aus. Ihre interne Struktur ist stark hierarchisiert, neue Anwärter_innen werden auf den vorherrschenden Korpsgeist eingeschworen und augenscheinlich primär bei linken Demonstrat_innen, Menschen mit Migrationshintergrund, Armen und Menschen, die optisch nicht ins bürgerlich-hegemoniale Weltbild passen auf ein an Carl Schmitt erinnerndes Freund-Feind Denken eingeschworen. Die Polizei sollte primär dafür da sein, die konstitutionell verbrieften Grundrechte aller Menschen zu schützen, sei es das Recht auf körperliche Unversehrtheit, Entfaltung der Persönlichkeit, Meinungs- und Versammlungsfreiheit oder die Freiheitsrechte. Haut mir also jemand eine runter, klaut mein Fahrrad oder zwingt mich dazu, Dinge zu tun, die ich nicht möchte liegt es an der Polizei, dies zu unterbinden. Was passiert aber, wenn es die Polizei selbst ist, die mich mit Pfefferspray angreift, mir in einer nächtlichen Razzia meinen Laptop oder mein Dope stiehlt oder mich dazu zwingt, stundenlang unfreiwillig im Polizeikessel zu verbringen? Im besten Fall kommt man* nur mit dem im wahrsten Sinne des Wortes blauen Auge davon, im schlechteren Fall wird man* zur Täter_in stilisiert und bekommt noch eine Anzeige reingedrückt. Anzeigen kann ich das Ganze dann – und hier zeigt sich die ungewollte Komik – bei den Kolleg_innen der Täter_innen. Meist ist dies jedoch sowieso nur eine Anzeige gegen unbekannt, zur Strafverfolgung kommt es häufig erst gar nicht. Wir fordern daher eine unabhängige und durch Exekutivrechte handlungsfähige Kontrollinstanz, die übergriffigen Verhalten der Polizei ermitteln und Sanktionen verhängen kann! Während im Versammlungsrecht ziemlich genau geregelt ist, mit welcher Art der Gesichtsbekleidung man* auf Demos rumzulaufen hat, ist der größte gewaltbereite und vermummte Schwarze Block regelmäßig die Bereitschaftspolizei. In der Berichterstattung der Polizei ist davon selten die Rede. Leider wird auch die häufig hochemotionalisierte Social-Media-Arbeit der Polizei immer wieder mit seriösem Journalismus verwechselt, während seriöser Recherche-Journalismus immer wieder von der Polizei behindert oder unterbunden wird, was, wie der G20-Gipfel in Hamburg zeigt, auch systematische Züge annehmen kann. Wir fordern also eine Kennzeichnungspflicht für Polizist_innen, objektive Berichterstattung und eine Gewährleistung unabhängiger Berichterstattung. Auch ist es nicht hinnehmbar, dass sich die Polizei bewusst oder unbewusst zum verlängerten Arm von besorgten Wutbürger_innen und dem komischen, vielbeschworenen und sich in Deutschland regelmäßig rassistisch ausnehmenden „subjektiven Sicherheitsempfinden“ macht. Bereits in der Ausbildung muss verstärkt gegen rechtes Gedankengut vorgegangen werden und es bedarf regelmäßiger interner Überprüfungen und Schulungen des Demokratieverständnisses – auch zum Wohle der Polizist_innen, die sich strukturellem Rassismus, Sexismus und rechtem Gedankengut innerhalb der Polizei entgegenstellen. Gegen Racial Profiling und archaisches Rumgemackere der Polizei, dann klappt das auch mit dem Freund_in und Helfer_in-Image! Mehr Durchsuchungsbefugnisse, Maschinengewehre, Handgranaten, das systematische, verdachtsunabhängige Erfassen von Kommunikationsdaten, geheime Kontrollbereiche, Gesichtserkennungssoftware im öffentlichen Raum und Überwachung von Journalist_innen sind nur einige Auszüge aus dem geplanten sächsischen Polizeigesetz, dass pünktlich zum Wahlkampfjahr 2019 dem hysterischen Sicherheitsgekeife der AfD Rechnung tragen soll. Sachsen steht damit nicht alleine, in ganz Deutschland lässt sich eine zunehmende Militarisierung und Befugnisserweiterung der Polizei erkennen, die im Zuge der 2018 in Kraft getretenen EU-Datenschutzgrundverordnung durchgesetzt werden. Wir sehen darin vor allem einen Angriff auf unsere Grundrechte und stellen uns klar gegen neue Polizeiaufgabengesetze, die die ebenjenen rechtfertigen!

Verfassung schützen – Verfassungsschutz abschaffen!

Nicht nur, aber gerade bei der lange Zeit unaufgeklärten rechten Terror- und Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) zeigt sich, dass der Verfassungsschutz als Institution versagt. Von merkwürdigen Hufeisen- und Extremismustheorien, durch die sich der Verfassungsschutz in einigen Bundesländern nicht einmal dafür zu dumm ist, ganze Landesverbände der linksjugend [‘solid] zu beobachten ganz zu schweigen. Rechts- und „Linksextremismus“ sind eben keine zwei Ränder einer angeblich gemäßigten Mitte, die es so in Deutschland nicht gibt und nie gegeben hat. Linksradikale kämpfen in vielen Fällen für eine emanzipatorische und egalitäre Freiheit aller Menschen, ungeachtet der Herkunft, des Genders, des Einkommens oder der sexuellen Orientierung, während diese potentielle Freiheit Rechtsradikalen gänzlich verhasst ist. Damit haben sie deutlich mehr mit dem bürgerlich-rechten Spektrum gemein als mit linken Aktivist_innen und Initiativen. Der Verfassungsschutz dient dem Schutz einer bürgerlich-konservativen Gesellschaft, die es zu überwinden gilt. Einen echten Schutz der in der Verfassung verbrieften Grundrechte bietet er dabei nicht an. Im Gegenteil: Mehrfach wurde dabei öffentlich, dass terroristische Strukturen durch Mitarbeiter_innen des Verfassungsschutzes und von ihnen engagierte V-Leute erst aufgebaut und handlungsfähig gemacht wurden. Gleichzeitig: Der Verfassungsschutz behindert oder verhindert die effektive Bekämpfung rechten Gedankengutes und rechter Gewalt. Der NSU hätte seinen Terror ohne ein staatlich alimentiertes Netzwerk aus teilweise dem Verfassungsschutz unterstellten Mittäter_innen nicht in der Form und über die Zeit aufrechterhalten können. Dass im Nachgang der Aufdeckung der NSU-Verbrechen die Aufarbeitung durch Aktenvernichtung durch den Verfassungsschutz teilweise verunmöglicht, vor allem aber massiv behindert worden ist, ist eine Farce! Der Verfassungsschutz ist nicht reformierbar und gehört abgeschafft! Ein gesamtgesellschaftliches Zurückdrängen rechtsradikalen Gedankengutes und ebensolcher Gewalt funktioniert nur durch mündige Bürger_innen, die sich dem rechten Mob im Kleinen und Großen entgegenstellen. Statt Unsummen in den Verfassungsschutz zu stecken muss der Staat in die Pflicht genommen werden, lokalen, landes- und bundesweiten sowie inter- und transnationalen Akteur_innen, die sich gegen Rassismus, Sexismus, Faschismus, Antisemitismus, Antiziganismus und alle anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit Unterstützung zukommen zu lassen.

Entknastung – echte Resozialisierung statt Isolation

Entknastung bezeichnet den Rückbau von Gefängnissen in der Gesellschaft und beruht auf der Forderung, die Selbstverständlichkeit und Angemessenheit der Haft als Mittel der Bestrafung zu hinterfragen. Trotz aller Bemühungen von Resozialisierung sind die Rückfallquoten alarmierend. Das Konzept der Resozialisierung im Gefängnis wird weit verfehlt. Es mangelt an geschultem Personal, das sich den Problemen der Inhaftierten annehmen kann. Mehr noch, beruht das gesamte System des Knasts auf Gewalt, Hierarchie und Unterwerfung. Wie sollen mündige und gewaltfreie Menschen geformt werden, wenn sie täglich im Gefängnis entmündigt werden und Gewalt erleben? Wie soll der Wert menschlicher Existenz gelehrt werden, wenn man* tagtäglicher Schikane ausgesetzt ist und für seine Arbeit weder Wertschätzung noch angemessene monetäre Entlohnung erhält? Auch zeigt ein Blick auf die Population in Gefängnissen, dass vor allem Armut und Marginalisierung dazu führen, im Gefängnis zu sitzen. Natürlich treibt Armut nicht zwangsläufig in die Kriminalität, jedoch ist es für arme Menschen ungleich schwerer, einer Haftstrafe zu entgehen – seien es horrende Anwaltskosten oder der Zwang der Ersatzfreiheitsstrafe wenn man* sich das Begleichen von Rechnungen nicht leisten kann – es muss also sich also zwingend die Interdependenzen zwischen Armut und Knast vor Augen gerufen werden. Es ist klar, dass es Verbrechen gibt, die eine Sanktion erfordern. Ob das Gefängnis aber das richtige Mittel dafür ist, gehört breit diskutiert, wofür die gesellschaftlich äußerst konsensuale Notwendigkeit in Frage gestellt werden muss. Haftstrafen für so konstruierte Verbrechen wie Schwarzfahren oder Verletzung der Aufenthaltspflicht von Geflüchteten und Geduldeten gehören abgeschafft. Solange es noch Gefängnisse gibt, müssen Rechte, wie die Berufs- und Ausbildungsfreiheit, die gewerkschaftliche Organisierung und das Recht auf körperliche Unversehrtheit gewährt werden. Und in letzter Konsequenz muss die Utopie der Entknastung Wirklichkeit werden!

Kann dir doch egal sein, wo ich rumrenne

Ein Einkauf im Supermarkt – festgehalten auf Video. Eine Fahrt im Bus – festgehalten auf Video. Ein gemütliches Sit-In auf dem Marktplatz – festgehalten auf Video. Es erschreckt, wie sehr die Freiheit, sich ohne Überwachung von A nach B zu bewegen zugunsten angeblich sonst nicht gewährleistender Sicherheit ausgehebelt wird. Dabei ist die in sogenannten „Problembezirken“ teilweise schon flächendeckende Kameraüberwachung nur die Spitze des Eisbergs. Möglichkeiten, Bürger_innen zu überwachen gibt es zuhauf und werden durch den technischen Fortschritt immer mannigfaltiger. Sei es der in der Erprobung befindliche Gesichtserkennungsscanner am Berliner Südkreuz oder immer neue Versuche der Vorratsdatenspeicherung, die Überwachung wird für Polizei und Behörden immer einfacher. Wir stellen uns dabei ganz klar gegen die bürgerliche Argumentation, dass es Menschen, die sich nichts zuschulden kommen lassen doch egal sein könnte, überwacht zu werden. Weder Roland Wöller noch Horst Seehofer geht es etwas an, wo du oder – wie geschehen – Fans der BSG Chemie Leipzig hingehen. Wir fordern einen massiven Abbau von Überwachungstechnik im öffentlichen Raum, eine Einstellung der Überwachung von linken Aktivist_innen oder Vereinigungen und eine Löschung aller ohne Einwilligung gespeicherten personenbezogenen Daten – egal ob von Behörde oder Unternehmen! Menschen sind keine Objekte im Staat. Es widerspricht der Menschenwürde, und es ist nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren, dass der Staat sich heraus nimmt, Menschen zwangsweise in ihrer Persönlichkeit zu erfassen und zu katalogisieren.

Gegen Idiotie!

Dass wir keine Lust auf Neonazis aller Couleur haben, lässt sich dank des Antifa-Kapitels bereits erahnen. Dass diese auch immer wieder das Thema innere Sicherheit tangieren zeigt in jüngerer Vergangenheit nicht nur der Polizistenmord des Reichsbürgers Adrian Ursache, sondern auch das vermehrte Veranstalten kommerzieller Neonazisfestivals unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit wie in Ostritz oder Themar. Um mit der immer weiter steigenden Zahl von Menschen, die die Bundesrepublik und ihre Gesetze nicht anerkennen, sondern sich auf Grenzen von anno dunnemals (wahlweise mit Böhmen, Preußen, Elsass-Lothringen oder allem zusammen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen) und die Haager Landkriegsordnung berufen und felsenfest überzeugt sind, Deutschland sei von den Alliierten besetzt, umzugehen bedarf es einer umfassenden Beschäftigung der Innenpolitik mit dem Thema. Dass es sich nicht bei allen um harmlose verkauzte Querulant_innen handelt zeigt unter anderem die erschreckende Regelmäßigkeit von Waffenfunden und NS-Devotionalien bei Reichsbürger_innen, Angriffen auf Polizist_innen und der exekutiven Selbstermächtigung in Form des „Deutschen Polizeihilfswerks“ im Kreis Meißen. Wir brauchen neben stärkerer politischer Bildung und der Entmystifizierung der Reichsbürger_innenideologie auch eine Gesellschaft, die Reichsbürger_innen als das bezeichnet was sie sind: Ewigvorgestrige Klemmnazis. Themar und Ostritz haben eindrucksvoll gezeigt, dass es auch in der tiefsten ostdeutschen Provinz Kommunalpolitiker_innen und Kommunen gibt, die keine Lust darauf haben, sich von Neonazis, die kommerzielle Festivals ausrichten vorführen zu lassen. Übereifrige Richter_innen aber machten dem Verbot der Ausrichtung eines solchen Festivals unter dem Deckmantel einer politischen Versammlung einen Strich durch die Rechnung – und zwangen somit Leuten, die absolut keinen Bock auf Neonazis hatten die Anwesenheit von tausenden besoffener und gewaltbereiter Neonazis auf. Gleichzeitig sind viele Behörden groß in der Kriminalisierung und Benachteiligung linken Protests, wie die immer wieder erfolgte Priorisierung von PEGIDA-Protesten in Dresden, der Kriminalisierung von Sitzblockaden bei LEGIDA oder der G20-Proteste in Hamburg. Wir fordern ein angewandtes Versammlungsrecht, das Versammlungen schützt und nicht im Vorhinein kriminalisiert – und das kommerzielle Neonazifestivals nicht unter dem Deckmantel der Versammlung und all ihrer Vorteile erlaubt!

Wir fordern

  • Keine Nazis in Polizeiuniformen! Mehr demokratische Bildung für Polizist_innen
  • Korpsgeist brechen – für eine unabhängige und handlungsfähige Meldestelle bei repressiver Gewalt!
  • „Nummer 161 hat mich geschlagen“ – für eine Kennzeichnungspflicht von Polizist_innen
  • Eine objektive Berichterstattung über polizeiliches Handeln
  • Menschen aller Ethnien machen Quatsch – Verbot von Racial Profiling!
  • Für ein Verbot von Pfefferspray und anderen chemischen Kampfstoffen!
  • Objektiv kommt besser – für eine Abkehr vom blödsinnigen Berufen auf „subjektive Sicherheit“
  • Gegen jedes neue, schärfere Polizeiaufgabengesetz!
  • Verfassung schützen – Verfassungsschutz abschaffen!
  • Gegen Ersatzfreiheitsstrafen, gegen Gewalt im Knast, gegen Schikane, Bevormundung, Zwangsarbeit und Entrechtung – in letzter Konsequenz Knäste abschaffen!
  • Freiheit stirbt mit Sicherheit – gegen Überwachung des öffentlichen Raums in allen Formen!
  • Meine Daten, meine Entscheidung – Verbot der unfreiwilligen Speicherung personenbezogener Daten durch Behörde, Unternehmen und andere!
  • Reichsbürger_innen das Wasser abgraben – ideologisch und praktisch!
  • Gegen die Kriminalisierung und Verunmöglichung linken Protests!
  • Keine kommerziellen Neonazifestivals unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit!

Beschlüsse und Blogposts dazu

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