Claim your choice – reclaim your good life!

„Demokratie kennt kein Alter“, „Demokratie muss man schon als Kind lernen“. Solche Sätze habt ihr vielleicht auch in der Schule beigebracht bekommen – klang soweit ja auch ganz nett, aber trotzdem fragte man sich dann, was das nun konkret für einen selbst bedeuten soll. Schließlich ist man* in der Schule überwiegend in einem Alter, in dem man bei keiner Parlamentswahl mitmachen darf und auch die Wahlen zu Schüler_innenvertretungen gleichen oft eher einer lästigen Pflicht, als einer wirklichen Chance, etwas für sich und die Mitschüler_innen bewegen zu können. Lebendige Demokratie und Mitbestimmung kennt man im überwiegenden Teil nur aus dem Schulbuch. Alle Menschen, die von Entscheidungen betroffen sind, müssen auch ein Recht dazu haben, Teil der Entscheidungsfindung und des Entscheidungsprozesses zu sein. – In Schulen, in KiTas, in der Uni, im Betrieb, in der Dorfgemeinde, im Verein und sonst wo. Wir wollen, dass Demokratie und Politik lebendig sind, wollen dass Menschen nicht ewig nach Informationen suchen müssen, sondern in Debatten und Entscheidungen einbezogen sind.

Wahlalter Null, Diggi!

Bei der Wahl zum Sächsischen Landtag im Jahr 2014 durften knapp 700.000 Menschen nicht wählen, davon rund 560.000 weil sie schlichtweg noch keine 18 Jahre alt waren. Bei der Bundestagswahl 2017 waren es knapp 21 Millionen Menschen, die ihre Kreuze nicht setzen durften. Davon rund 13 Millionen aufgrund ihres Alters. Die Forderung, das Wahlalter zu senken, ist sicherlich keine Neue. Seit Jahren wird an einigen Stellen diskutiert, ob das Wählen nicht schon ab 16 erlaubt sein solle. Dies fordert auch die Partei DIE LINKE. Sachsen ist eines von nur noch fünf Bundesländern, in denen man* bei Kommunalwahlen erst ab 18 wählen darf. In Bremen, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Hamburg kann man* sogar in den jeweiligen Landesparlamenten bereits ab 16 wählen. Dennoch: Wir sind gegen das Wählen ab 16 Jahren. Nicht, weil wir jungen Leuten nicht zutrauen, ihre Kreuze zu setzen – im Gegenteil. Für uns ist jede Altersgrenze, sei sie bei 18, bei 16, oder bei 9,5 Jahren angesetzt nichts als Willkür und fordern daher das Wahlalter Null, also, dass allen Menschen von Geburt an das aktive und passive Wahlrecht zugesprochen wird. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass es immer verschiedene Gründe gab, Menschen ihres Wahlrechts zu berauben. Zu geringes Einkommen, die soziale Stellung oder schlicht das Frau*-Sein waren lange Zeit die Gründe dafür, nicht an politischen Wahlen teilnehmen zu dürfen. Dieser Rückblick zeigt aber auch, dass es möglich ist, derartige Einschränkungen aufzubrechen, also auch bei der Altersgrenze. Oftmals heißt es, dass doch Kinder aber viel zu jung und unreif seien, um so wichtige Entscheidungen treffen zu können. Nunja. Jung sind Kinder zweifelsohne. Aber die entscheidende Frage ist, wie man* die Bewertung „zu jung, zu unreif“ ansetzt. Ab wann ist man* zu jung für etwas? Ist das nicht von Mensch zu Mensch unterschiedlich? Wir finden, Alter hat nichts mit Reife zu tun. Man* kann nicht messen, ob und wann ein Mensch reif genug ist, um wählen zu können. Bei älteren und vermeintlich reiferen Menschen misst dies auch niemand nach und das ist auch gut so. Genau so heißt es oft, dass junge Menschen im Wahlverhalten viel zu leicht zu beeinflussen seien. Das sind doch Erwachsene nicht minder. Junge Menschen sind, trotz der schlechten politischen Bildung in den Schulen, oftmals besser über Politik und wie sie funktioniert informiert und absolut in der Lage, die politische Lage zu bewerten. Außerdem versucht doch auch niemand, älteren Wähler_innen das Wahlrecht zu entziehen, nur weil sie weniger informiert oder gebildet erscheinen, oder? Genauso wäre es fatal, jungen Menschen das Wahlrecht abzusprechen, weil sie eventuell „extreme Parteien“ wählen würden. Abgesehen davon, dass wir uns nicht auf das absurde Spielchen der Extremismustheorie einlassen wollen, ist es alles andere als demokratisch, Menschen aufgrund ihrer womöglichen Wahlentscheidung von einer demokratischen Wahl auszuschließen. Macht ja aktuell immerhin auch niemand. „Nuja, abor die wähln dann doch och nur das, was ihre Eldorn den‘ erzählne.“ Auch das ist kein wirklich schlagkräftiges Gegenargument und im Übrigen exakt die These, mit der Mann versucht hat, Frauen ihr Wahlrecht abzusprechen. Glücklicherweise wissen wir, dass Frauen* und auch junge Menschen einen eigenen Willen haben und diesen auch äußern sollen. Wir möchten also diese Altersgrenze, die, egal wo sie angesetzt ist, immer willkürlich und exklusiv ist, aufbrechen. Wir möchten nicht, dass Kleinkinder vor die Wahlurne gezerrt werden, sondern dass alle, die wählen gehen wollen und sich bereit fühlen, dies auch tun sollen. Damit können viele junge Menschen Politik besser mitgestalten, als es aktuell der Fall ist und damit auch ihre spezifischen Themen mit in die Politik einbringen. Aktuell ist es doch so, dass alte Menschen darüber streiten, was besser für die Kinder und die Jugend ist. Lasst die, die es betrifft doch mitstreiten, vielleicht wissen sie ja mehr, was sie selbst wollen. Was wir explizit nicht wollen, ist ein Familienwahlrecht, bei welchem die Stimme der Kinder an die der Eltern übertragen werden. Letztere also für ihre Kinder mit abstimmen und mehrere Stimmen abgeben können. Das finden wir alles andere als demokratisch und das entspricht ziemlich genau überhaupt nicht den Vorstellungen, die wir an ein Wahlrecht für junge Leute haben.

Nicht wählen dürfen? Das liegt doch nicht immer am Alter?

Genau so ist es leider. Es gibt noch andere Gründe, nicht wählen zu dürfen. Allen voran die fehlende deutsche Staatsbürgerschaft. Für uns gilt auch hier der Grundsatz, dass alle Menschen, die von politischen Entscheidungen vor Ort – unabhängig von ihrer Herkunft – wählen dürfen sollen. Oftmals sind Menschen ohne deutschen Pass sogar doppelt und dreifach und Beschlüssen und Gesetzen der Parlamente betroffen, da es Gesetze gibt, die speziell auf sogenannte Ausländer_innen zielen. Wir finden, dass alle Menschen, egal welchen Pass sie haben, dort wählen und mitbestimmen sollen, wo sie wohnen und von Entscheidungen betroffen sind und ihr Leben mitgestalten sollen oder wenigstens wählen dürfen sollen, wer für sie Gesetze beschließt und wer nicht. Menschen im Gefängnis verlieren ab einer Strafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung ihr passives Wahlrecht. Ihr aktives behalten sie im Regelfall. Aber eben nur im Regelfall. Durch richterlichen Beschluss kann ihnen auch jenes abgesprochen werden. Ebenfalls betroffen vom Wahlrechtsausschluss sind Menschen die sich in einer psychiatrischen Klinik befinden, Menschen, die unter “Betreuung in allen Angelegenheiten” stehen, sowie teilweise auch Menschen mit Behinderungen, sobald ein_e Betreuungsrichter_in ihnen eine_n Betreuer_in “in allen Angelegenheiten” zuspricht. Wir finden auch hier, dass das Grundrecht, wählen zu können, wie jedes andere Grundrecht, keines ist, was man sich durch irgendetwas verdienen muss. Also durch das Erreichen eines gewissen Alters oder das Erwerben einer Staatsbürger_innenschaft. Genau so wenig kann man* dieses Grundrecht in irgendeiner Form nachträglich abgesprochen bekommen. Wir fordern das Wahlrecht für alle Menschen. Egal wer sie sind, egal was sie gemacht haben, egal was sie mit ihrem Wahlrecht anstellen.

Gewählt – und nu?

Uns ist bewusst, dass es Wählen allein nicht sein kann. Aller vier oder fünf Jahre mal ein Kreuz zu machen, führt noch nicht dazu, dass eine Demokratie lebendig, spaßig und gestaltbar wird. Deswegen fordern wir mehr direkte Demokratie. Also beispielsweise die Absenkung der Hürden für sogenannte Volksentscheide und Bürger_innenbegehren. Konkret die Absenkung der Quoren, also der nötigen Anzahl an Unterschriften, die es bedarf, bevor ein Begehren überhaupt erst behandelt wird. Außerdem fordern wir die Einführung eines Vetorechts. Wenn ein Parlament eine Entscheidung trifft muss es – wenn es die Mehrheit der Menschen möchte – die Chance geben, Entscheidungen zu revidieren und zu kippen. Außerdem muss die Abgabe von Unterschriften auch online möglich sein, um den Prozess zu vereinfachen.

Mitwirkung mit Wirkung!

Wir fordern eine Jugendbeteiligung in Form von Jugendbeteiligungsforen, in welchen in basisdemokratischen Verfahren, offen für alle Jugendlichen, für die Kommune verbindliche Absprachen getroffen werden. Dort können für jugendpolitische Inhalte Forderungen beschlossen werden, aber auch Beratungen für andere Themen vorgenommen werden, sowie Personen zu den Ausschüssen und Sitzungen der Räte entsandt werden. Dabei sind die Jugendlichen und ihre Interessen verpflichtend anzuhören.
Die Jugendbeteiligungsforen sollen mit eigenen Budgets ausgestattet werden, über die Jugendliche nach dem Vorbild der Beteiligungshaushalte (wie z.B. aus Porto Alegre bekannt) entscheiden.Zur Sensibilisierung der Teilnehmenden werden Angebote zur politischen Bildung im allgemeinen, aber auch speziell für die Jugendpolitik geschaffen, hervorzuheben ist dabei die Schaffung des Angebotes an Schulen. Zur Koordinierung und Organisation des Ganzen sollen Kommunen Jugendbeteiligungsbüros errichten, die jederzeit die Jugendlichen in der Organisation unterstützen und beraten.

Willkommen im 21. Jahrhundert!

Wir fordern die Digitalisierung von Politik. Abgeordnete sollen neue Möglichkeiten nutzen, um mit Menschen in Kontakt zu treten. Sie sollen verpflichtet sein, Medien, wie Abgeordnetenwatch zu nutzen, öffentliche Kalender auf ihren Websites betreiben, in denen einzusehen ist, wann sie sich mit wem – natürlich nicht privat – treffen. Wir fordern die Transparentmachung der Ein- und Ausgaben von Abgeordneten. Befragungen durch Bürger_innen via Social Media sollen flächendeckend angeboten werden. Wir stehen für Abschaffung der 5%-Hürde, welche als „Lehre aus Weimar“ immer noch dafür sorgt, dass der Wille vieler Wähler_innen unter „Sonstiges“ fällt und dieser somit keine Berücksichtigung in der Zusammensetzung des Parlaments findet. Wir möchten, dass das Parlament im Wandel ist und Abgeordnete nicht ihr halbes Leben dort verbringen. Deshalb fordern wir die Einführung einer verpflichtenden Mandatszeitbegrenzung. Wir fordern auch, dass alle Wahllokale barrierefrei sind. Wir setzen uns außerdem für eine flächendeckende Einführung von lokalen Demokratiebilanzen ein, welche darlegen müssen, inwiefern Einwohner_innen in Entscheidungen einbezogen wurden.

Wir fordern

  • Das Wahlrecht für alle Menschen mit Lebensmittelpunkt im Wahlgebiet – egal welchen Alters, welcher Herkunft, welchen Geschlechts
  • Eine Erleichterung für die Durchführung von direktdemokratischen Entscheidungen, durch geringere Quoren und durch Unterschriftensammlungen online.
  • Eine Ausweitung von Jugendparlamenten und deren politischen Entscheidungskompetenzen
  • Lobbykalender, Offenlegen der Ein- und Ausgaben aller Abgeordneten
  • Abschaffung der 5%-Hürde
  • Einführung der Mandatszeitbegrenzung
  • Einführung einer Demokratiebilanz