Tierrechte

Das Gebiet der Tierrechte umfasst viele verschiedene Facetten, da verschiedene Tiere in unserer Gesellschaft verschiedene Funktionen erfüllen. Dass es vollkommen normal ist, Katzen zu streicheln und Schweine zu essen oder sich Kanarienvögel zu halten und gleichzeitig natürlich nicht auf die Weihnachtsgans verzichten zu müssen, wird uns von klein auf mitgegeben und kaum hinterfragt. Unser Umgang mit Tieren ist in keinster Weise rational, sondern kulturell bedingt. Während der Verzehr von Hunden bspw. in Korea und Vietnam ganz normal ist, ist das Anbieten von Hundefleisch in Deutschland verboten und der Gedanke daran vollkommen tabuisiert, sie werden meist als Familienmitglieder angesehen. Noch zwischen 1904 und 1924 wurden über 42.000 Hunde allein in Chemnitz, München und Breslau zum Verzehr geschlachtet. Weder über öffentlichkeitswirksame Mahnwachen, noch über Onlinepetitionen ist in diesen Fällen etwas bekannt. Andererseits werden beispielsweise Hausrinder in Indien religiös verehrt, während sie in unseren Breiten millionenfach zur Fleisch- und Milchgewinnung eingepfercht werden. Die Kategorisierung von Tieren als essbar, nicht essbar, Haustier, Ungeziefer, Raubtier oder Unterhaltungstier ist zentrales Merkmal eines unsichtbaren Glaubenssystems, das als Karnismus bezeichnet wird. Wir wollen den Umgang mit Tieren hingegen rational beleuchten und auf dieser Basis Forderungen stellen. Wir betrachten Tiere als intelligente, fühlende und in erster Linie leidensfähige Lebewesen, die einen angemessenen Umgang verdienen. Das auf Traditionen beruhende Ausbeutungsverhältnis zwischen Tier und Mensch gehört auf den Prüfstand gestellt.

Massenbierhaltung statt Massentierhaltung

Wer Tiere als leidensfähige Lebewesen begreift, kann angesichts ihrer Haltungsbedingungen nur kotzen. Allein in Deutschland werden jährlich 58 Millionen Schweine, 630 Millionen Hühner und 3,2 Millionen Rinder geschlachtet – 99% der Schweine, 97% der Hühner sowie 95% der Rinder existieren dabei in sogenannter „Intensivtierhaltung“. Damit dieses System funktioniert, werden an den Tieren fortwährend Verstümmelungen praktiziert, die legal und in der Regel ohne Betäubung geschehen: Schweine werden kastriert, die Eckzähne abgeschliffen, die Ringelschwänze abgeschnitten. Hühnern werden die Schnäbel gekürzt, Kälbern die Hornansätze weggeätzt. Eine Legehenne, von denen 95% in Intensivtierhaltung leben, hat Zeit ihres Lebens den Platz von einem DIN-A4-Blatt zur Verfügung. Über vier Millionen Milchkühe leben in Deutschland, die zur Aufrechterhaltung der Produktion fortlaufend künstlich befruchtet werden und direkt danach ihr Kind entrissen bekommen, bis sie nach circa fünf Jahren auf der Schlachtbank landen. Auch wenn 9 von 10 in Deutschland verzehrten Fischen aus dem Ausland stammen, sind die dort oftmals praktizierten Vorgänge in Fischerei und Aquakultur nicht weniger kritikabel. Sicherlich sind, wie oft angeführt, die Zustände in Bio-Betrieben mancherlei Hinsicht besser – Doch Diskussionen über deren tatsächliche Relevanz verbieten sich bei einem Marktanteil von nicht einmal 2% Biofleisch von selbst und verkommen zum Feigenblatt der Uneinsichtigkeit, dass das Ziel emanzipatorischer Tierpolitik sein muss, dass kein Tier mehr für verzichtbare menschliche Bedürfnisse leidet oder stirbt. Und dass der Verzehr tierischer Produkte durchaus verzichtbar ist, beweisen über eine Million Veganer_innen in Deutschland tagtäglich. Eine vegane Lebensweise ergibt in vielerlei Hinsicht Sinn und ist daher zu supporten: Die neben dem Energiesektor größte Quelle schädlicher Treibhausgase ist die Massentierhaltung, zudem ist die Fleischproduktion beileibe nicht ressourcenschonend – für die Produktion eines Kilos Rindfleisch werden über 15.000 Liter Wasser benötigt. In Südamerika wird in großem Stile der Regenwald abgeholzt, um dort Futtermittel anzubauen. Circa 90% der weltweiten Sojaproduktion werden beispielsweise als Viehfutter benutzt, wobei, je nach Tierart, außerdem rund 90% der Kalorien verschwendet werden – ein unfassbares Prinzip angesichts des grassierenden Hungers in weiten Teilen der Welt. Entgegen vieler Vorurteile schätzt die weltweit größte Organisation für Nahrungs- und Ernährungsfachleute, die Academy of Nutrition and Dietetics, übrigens eine gut geplante vegane Ernährung als für alle Lebensphasen geeignet an. Aber natürlich geht es um mehr als Essen.

Die Pelze denen, die drin wohnen

Leder ist entgegen dem weit verbreiteten Glauben keineswegs nur ein Abfallprodukt, vielmehr tötet die Industrie jährlich über eine Milliarde Tiere. Dass das Tragen von Pelz scheiße ist, haben in Deutschland schon weitaus mehr Leute verstanden (obwohl es genau genommen auch nichts Anderes ist als Leder mit Haaren). Dennoch werden jährlich Produkte gekauft, deren Produktion die millionenfache Tötung von Nerzen und anderen Tieren erfordert. 90% der in Deutschland verkauften Angorawolle und der Großteil aller Pelze kommt aus China – Einem Land, in dem keine Tierschutzgesetzgebung existiert und die Haltungsbedingungen entsprechend ekelhaft sind. Noch dazu werden die Tiere im Normalfall aus Kostengründen bei lebendigem Leib gehäutet – was im Übrigen jährlich auch auf 2 Millionen Katzen und hunderttausende Hunde zutrifft. In angeblichen Kunstpelzprodukten wurden in den vergangenen Jahren mitunter Haare von Hunden und Katzen gefunden – hier gilt es, die Kennzeichnungspflichten erheblich auszuweiten und zu überprüfen. Um derartige Zustände vorzufinden, müssen wir den Blick jedoch gar nicht bis nach China schweifen lassen. In Frankreich beispielsweise werden jährlich 70 Millionen Kaninchen für die Pelzgewinnung getötet. Für uns ist klar, dass niemand außer den Tieren selbst das Recht haben sollte, ihre Haut zu tragen. Eine Erforderlichkeit für das Gegenteil existiert schlichtweg nicht, Alternativen existieren genug. Die logische Konsequenz ist daher die Forderung nach einem Haltungsverbot für Leder- und Pelztiere sowie ein Handelsverbot für die entsprechenden Produkte, verbunden mit verschärften Kennzeichnungspflichten für Kunstprodukte.

Tierversuche? Make up your mind!

Grundsätzlich ist das Testen von kosmetischen Produkten und Inhaltsstoffen an Tieren in Deutschland seit 1998 verboten, der Handel mit Produkten, die im Ausland an Tieren getestet wurden, wurde durch die EU-Kosmetikrichtlinie aus dem Jahr 2009 noch zusätzlich verschärft. Die Richtlinie beinhaltet allerdings einige Lücken und Ausnahmen, was dazu führt, dass einige Firmen noch immer ihre Inhaltsstoffe in grausamen Verfahren an Tieren testen. Doch auch in anderen Wirtschaftszweigen wie der Tabakindustrie kommen Tierversuche zum Einsatz. Hier werden Ratten mitunter dazu gezwungen, bis zu drei Jahre lang täglich bis zu sechs Stunden am Stück Zigarettenrauch zu inhalieren auch das ist in Deutschland verboten, die entsprechenden Produkte jedoch trotzdem hier verkäuflich. Auch in der Medizinentwicklung und Grundlagenforschung werden Tierversuche durchgeführt, obwohl alternative Systeme vorhanden sind und diese somit ersetzbar wären. Gründe hierfür sind oft nicht bessere Ergebnisse, welche die Tierversuche liefern, sondern rein ökonomische. Wir fordern, dass die 3-R-Regel (Reduce, Refine, Replace), also das Reduzieren, das Verbessern und das Ersetzen von Tierversuchen endlich konsequent umgesetzt wird. Ersetzbare Tierversuche sind zu verbieten! Außerdem müssen bessere alternative Systeme entwickelt und ihre Verwendung verpflichtend durchgesetzt werden. Tierversuche sollen darüber hinaus nur dann möglich sein, wenn sie der Grundlagenforschung oder dem Wohl der Allgemeinheit, wie z.B. der Entwicklung neuer Medikamente, dienen. Damit jeder Mensch frei entscheiden kann, ob er auf solche zurückgreift oder nicht, müssen diese transparent gekennzeichnet sein.

Wer konsumieren soll, muss auch Bescheid wissen können

The kidz want Kennzeichnung! Das fängt bei Nahrungsmitteln an: Lab, das aus den Mägen nur weniger Wochen alter Kälber gewonnen wird, ist ein Zusatzstoff der zur Herstellung von Käse benutzt wird und nicht kennzeichnungspflichtig ist – Da die Tiere dafür geschlachtet werden müssen, ist damit beinahe jeder Käse nicht einmal vegetarisch, ohne dass dies ohne Hintergrundwissen ersichtlich wäre. Auch Getränke wie Wein und Obstsäfte, die durch Gelatine gefiltert wurden und damit auch nicht vegetarisch sind, müssen nicht entsprechend gekennzeichnet werden. Einige Aromen, die in ansonsten veganen Produkten vorkommen sind tierischen Ursprungs, ohne dass dies aus den Zutatenlisten hervorgehen würde. Wir fordern eine deutliche Erkennbarkeit, wann Produkte tierleidfrei sind und wann nicht! Die Inhaltsstoffe von Arzneimitteln und Kosmetikprodukten sind oftmals schwer verständlich – auch hier sind einfachere Darstellungen zu Informationen über tierische Inhaltsstoffe dringend erforderlich. Tierversuche müssen auf den entsprechenden Produkten gut sichtbar deutlich gemacht werden, um den Verbraucher_innen die Vorgänge transparent zu machen – auch wenn er „nur“ der Großkonzern im Hintergrund war. Insgesamt sehen wir die Notwendigkeit, auch über Steuern regulierend zu wirken. Es kann beispielsweise nicht sein, dass die nachweislich umweltschädliche Kuhmilch mit 7% Mehrwertsteuer belegt ist, während die viel ressourcenschonenderen pflanzlichen Alternativen als angebliche Luxusprodukte mit 19% besteuert werden. Angesichts der enormen schädlichen Auswirkungen sind tierische Produkte ausnahmslos mit dem höchsten Mehrwertsteuersatz zu belegen, während dieser für pflanzliche Alternativen gesenkt werden sollte. Agrarsubventionen an Landwirt_innen, die mit Tierhaltung ihr Geld verdienen, sind zu untersagen.

Tierrecht ist mehr als das Seitansteak auf deinem Teller

In Zoos werden Tiere ihr Leben lang eingesperrt – oft in viel zu kleinen Gehegen, ohne natürliche Reize und zumeist tausende Kilometer von ihrem eigentlichen Lebensraum entfernt. Dies dient oft der Bespaßung von Menschen und dem Generieren von Profiten. Das geht auch anders, zum Beispiel indem die Ausgestaltung der Gehege sich an den Ansprüchen der Tiere anstatt an denen der Besucher_innen orientiert. Durch die Bekämpfung des illegalen Tierhandels, als Arche bedrohter Arten oder durch Naturtschutzprojekte im Zoo und vor Ort können Zoos einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz leisten. Desweiteren können Zoos wichtige Forschungsstationen und Orte von Umweltbildung sein. Diese Funktionen gilt es gegenüber dem Zoo als Unterhaltungsort zu stärken, beispielsweise indem das Arteninventar an Naturschutzzielen ausgerichtet wird. Klar ist für uns auch, dass Naturschutz und Tierrechte nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen, deshalb fordern wir: „So viel Zoo, wie nötig. So wenig Zoo, wie möglich“ und setzen uns für deren bestmögliche, naturnahe Gestaltung ein. Tiere haben ferner in Zirkussen absolut nichts verloren, auch Ponykarussells sind schleunigst zu verbieten. Auch die Hobbyjagd gehört ausnahmslos verboten. Und auch wenn es eigentlich kein großes Thema sein sollte: Natürlich halten wir den Abschuss von Wölfen für Quatsch. Die profitgesteuerte Zucht besonders ‚schöner‘ oder ,exotischer‘ Haustiere führte in der Vergangenheit zu diversen qualvollen Verformungen, während in deutschen Tierheimen jährlich rund 300.000 Tiere ein neues Zuhause suchen. Auch die Tierzucht ist daher zu untersagen. Die kommunale Hundesteuer als Lenkungsmittel halten wir für falsch (genauso wie die Einteilung von Hunden als gefährlich und ungefährlich nach Rasselisten), vielmehr sollte eine Art Hundeführerschein für die Halter_innen eingeführt werden. Müllkörbe, insbesondere in Parks, sind standardmäßig mit Tüten zu versehen. Das Feld der Tierrechte ließe sich noch beliebig weiter bespielen. Eine Debatte zum Sinn oder Unsinn des § 90 a BGB, der besagt, dass Tiere zwar keine Sachen sind, dem Grunde nach aber rechtlich wie solche zu behandeln sind, ist sicherlich spannend. Uns ist wichtig zu betonen, dass bei aller Wichtigkeit der Tierrechte der Zweck bei der Werbung für die Anliegen nicht die Mittel heiligen darf. So halten wir Vergleiche der Massentierhaltung mit der Shoa für unerträglich. Gleichfalls grenzen wir uns entschieden von diversen sexistischen Kampagnen ab, wie beispielsweise von PETA öfters praktiziert. All das ändert aber nichts daran, dass wir für eine Welt kämpfen, in der Tiere wie Lebewesen und nicht wie Produkte behandelt werden. Until every cage is empty!

Wir fordern

  • Verbot von Massentierhaltung und Aquakultur
  • Verbot von Pelztierhaltung und –handel, intensive Kontrolle von Kunstpelz mit ausführlicher Kennzeichnung (selbiges gilt für Lederprodukte)
  • Verbot ersetzbaren Tierversuchen, deutliche und ausführliche Kennzeichnung aller Produkte die damit irgendwie in Verbindung stehen
  • Höchste Mehrwertsteuersätze für tierische Produkte, entsprechende Herabsetzung für pflanzliche Alternativen; keine Subventionen für Landwirt_innen die ihr Geld mit Tierhaltung verdienen
  • Klare Kennzeichnung ausnahmslos aller tierischen Inhaltstoffe in Lebensmitteln
  • Verantwortungsvoller Zoo: Authentische Lebensräume und Rückzugsorte für Tiere, Artenschutz, Forschung, Umweltbildung und nachhaltiges Umweltmanagement
  • Verbot von Tieren in Zirkussen
  • Verbot der Hobbyjagd
  • Hundeführerschein statt Hundesteuer